Neue VDA Norm für digitales Materialdaten-Management mit Unterstützung von material.one

Material- und Bauteilbemusterung

Die Materialerstbemusterung ist Teil des Produktionsprozesses und der Produktfreigabe (PPF) von Kaufteilen. Sie dient dazu, die Lieferung gesetzes- und spezifikationskonformer Produkte zu gewährleisten. Automobile bestehen durchschnittlich aus 30.000 Bauteilen und tausenden verschiedenen Materialien. Sie erfahren in diesem Artikel, wie der VDA zusammen mit Herstellern, Lieferanten, Prüflaboren und Softwarefirmen eine Norm für das digitale Materialdaten-Management erschaffen hat.

Beispiele für überprüfte Parameter bei der Probenahme

  • Keine Risse an tragenden Bauteilen

  • Schwer entflammbare Materialien

  • Keine potenziellen Schadstoffe im Fahrzeuginnenraum

  • Angenehmer Geruch im Interieur

Beispiel für die Bestimmung der Prüfteile und ihrer Position im Bauteil

Einzelteile in Baumstruktur mit unterschiedlichen Prüfanforderungen

 

Die Vorteile der Digitalen Bemusterung im Überblick

  • Klar verständliche Vorgaben für alle Prozessbeteiligten Aufwandsreduzierung in der gesamten Prozesskette (OEM - Tier N)

  • Beschleunigte Prozesse

  • Folgeprozesse ermöglichen z.B. Echtzeitauswertungen

  • Schnittstellen zu internen Systemen und Datenbanken

Für die Entwicklung und Einführung neuer Bauteile (Komponenten) und Produkte im Automobilsektor ist der Produktentstehungsprozess (PEP) der Leitfaden zur Umsetzung. Dieser umfasst alle Schritte von der Akquise bis zum Hochfahren der Serienproduktion. Der PEP kann für viele Bauteile und Dienstleistung umfassend und komplex sein und erfordert ein gutes Projektmanagement. Ein wichtiger Bestandteil des Produktentstehungsprozesses ist der Nachweis der Eignung der entwickelten Komponenten aus der Serienfertigung. Hierbei geht es sowohl um Funktionalität als auch zum Beispiel um Einhaltung von Maßen und Geometrien, gesetzlichen Anforderungen und um Oberflächenqualität, um nur einige zu erwähnen.

Erstmusterprüfung im PEP

Im Produktentstehungsprozess soll sichergestellt werden, dass das Produkt nicht fehlerbehaftet ist. Häufig bestehen jedoch zwischen Entwicklung (Prototyp), Vorserie und Serienproduktion gewisse Abweichungen. Deshalb wird das Produkt erst final geprüft, wenn es unter realen Produktionsbedingungen in der Serie hergestellt wurde. Die Freigabe für die Serienfertigung erfolgt im Automobilbereich entweder nach der amerikanisch globalen Organisation AIAG Produktionsteil-Freigabe-Verfahren (PPAP) oder gemäß VDA-Band 2 nach Produktionsprozess- und Produktfreigabe (PPF). Basis für die Freigabe einer Fertigung ist die Einhaltung der Qualitätsanforderungen, welche im Rahmen der Erstbemusterung geprüft wird. Der Lieferant entnimmt der Serienfertigung Bauteile für die Bemusterung. Diese werden gemäß den Qualitätskriterien aus dem Bemusterungsabstimmungsgespräch (nur VDA) geprüft und abgeglichen. Der daraus erstellte Erstmusterprüfbericht (EMPB) enthält neben Bauteilabmessungen und technischen Kriterien zusätzlich Angaben zu den eingesetzten Materialien. Diese Berichte werden üblicherweise durch die gesamte Lieferkette in elektronischer Form als PDF-Dokument übermittelt. Nachteilig hierbei ist jedoch, dass die werkstofftechnischen Berichte ohne direkte Verknüpfung der Ergebnisse je Bauteil hinterlegt werden. Durch das PDF-Format sind OEMs in fast allen Fällen nicht in der Lage ist, die Daten aus dem pdf-Bericht mit seinen elektronischen, maschinenlesbaren Bauteildaten zu verknüpfen. Dadurch kann den Bauteilen kein konkretes Material zugewiesen werden.

Bereits bei Beginn einer Produktentwicklung ist es notwendig, die Kriterien einer Bauteilanforderung, also z.B. Festigkeit eines Seitenaufprallschutzes, festzulegen. Wenn im 3D Modell die Spezifikationen hinterlegt sind können anschließend die Prüfpläne abgeleitet werden. Diese werden dann von Projektpartnern, wie den Prüflaboren und Unterlieferanten nachgewiesen. Nach erfolgter Prüfung müssen Sie den Erstmusterprüfbericht vervollständigen und in der Regel werden die Informationen per PDF-Dokument an den OEM versendet. PDF-Dokumente sind üblicherweise nicht maschinenlesbar, Informationen verbleiben bedingt durch das Dateiformat in “Silos”. In vielen Fällen sind auch andere Office Dokumente in Verwendung (Word, Excel, etc.). Dies verhindert eine durchgängige Digitalisierung. Besonders bei Qualitätsproblemen ist eine Überprüfung der Materialeigenschaften unter diesen Bedingungen aufwendig. 

Der aufwändige Umgang mit einzelnen Dokumenten ist Vergangenheit. Von Spezifikationen bis zu Prüfergebnissen sind alle Daten direkt mit dem 3D Model verknüpft und für alle Prozessbeteiligten verfügbar.

 

Ansätze für die Optimierung der Materialprüfung

Ausgangspunkt für eine verbesserte Material-Bauteil-Paarung ist die Digitalisierung der werkstofflichen Erstbemusterung. Hierzu sollte eine Schnittstelle für den digitalen Austausch der benötigten Kennwerte für die Erstbemusterung definiert werden. Diese sollte die direkte Verknüpfung zu den 3D-Daten des Bauteils ermöglichen. Für dieses Ziel war die Definition des Austauschformats und die Einbindung der Prozess- und Lieferkette notwendig.

Mit diesem Thema beschäftigte sich eine Projektgruppe aus verschiedenen Fachleuten aus dem Automotive-Umfeld.

Teilnehmer der Projektgruppe

Hersteller (OEM)
BMW, Volkswagen mit der Tochterfirma Porsche, Mercedes-Benz, Opel-Vauxhall, MAN, Ford 

Supplier Tier 1-n
Brose, Continental, Deutsche Edelstahlwerke, Schäffler, Otto Fuchs, ZF

Prüflabore
imat-uve, WIAM

Software
Brain of Materials, material.one*, MatPlus, Prostep, HTW-Berlin, Supply On

Voraussetzung für das digitale Material-Management ist eine eindeutige Zuordnung der verwendeten Materialien zu den einzelnen Bauteilen und Komponenten des Fahrzeugs. Hierzu werden OEM spezifische Materialdatenbanken genutzt.

Umsetzung des digitalen Materialdatenmanagements

Ergänzend zur VDA 231 – 200 wurde die neue Richtlinie VDA 231-300 für die Zuordnung von Werkstoffen zu Bauteilen eingebracht. Hierfür wurden die Attribute im CAD Modell um Werkstoff- und Oberflächendaten erweitert. Dies ermöglicht eine eindeutige Zuordnung zu einzelnen Komponenten eines Bauteils. Hiermit wird eine Standardisierung des Datenaustauschs für werkstoffliche Anforderungen vorgeschlagen. 

Ausgangspunkt für die digitale Erstbemusterung sind JT-Dateien des Bauteils. Im Austauschformat enthalten die JT-Dateien in den neuen Attributen die notwendigen Anforderungen an Oberflächen und Werkstoffe. Für den Datentransfer der JT-Dateien gelten die folgenden Normen:

  • DIN SPEC 91383: JT industrielles Anwendungspaket (JITAP)

  • ISO 14306: Industrielle Automatisierungssysteme und Integration - Spezifikation für das Dateiformat JT für die 3D-Visualisierung

  • VDA 231-200 Werkstoffdatensatz - Spezifikation von Werkstoffen und Oberflächen in IT-Systemen 

Weiteres Vorgehen und Ausblick 

Die VDA 231 – 300 Norm ist auf die eindeutige Zuordnung von Material und Oberflächendaten zu 3D-Geometrien entwickelt worden. Im nächsten Schritt soll auch eine VDA-Norm für den Austausch von SOLL- und –IST Materialkennwerten erarbeitet werden. Hierfür ist ein geeignetes Schnittstellenformat zu finden. Die Prüfwerte können direkt über das Datenaustauschformat vom Prüflabor für den Tier 1 oder den Subunternehmer bereitgestellt werden.

  • Durch die Verknüpfung von Bauteil und Werkstoff sowie Transport dieser Informationen durch die ganze Lieferkette bleibt immer klar, welcher Werkstoff verwendet wird.

  • Die Anforderungen an Werkstoffe sind jederzeit abrufbar, wobei alle Merkmale und Soll-Werte mit den 
Kopfdaten aus der Werkstoffangabe verbunden sind. Zusätzlich besteht ein Austausch zwischen verschiedenen Systemen direkt und über Back-End.

  • Ist-Werte bzw. Prüfergebnissen der Merkmale sind mit dem Bauteil verknüpft. Ebenso Zusatzinfos, wie Prüfstelleninfos, Akkreditierung, etc. Sicherstellen des Rücktransports dieser Daten durch die Lieferkette zum OEM als Teil des PPF.


In Verbindung mit dem Einsatz von material.one entstehen für Sie wesentliche Vorteile für den Ablauf Ihrer Bemusterungen

Automatisierte Prozesse: Aufgrund der im 3D Modell verankerten Informationen nach 231-300 kann material.one automatisert eine >Nachweisplanung erstellen . Unter anderem werden Laborprüfpläne in digitaler Form erstellt.

 Die notwendigen Normen erhalten Sie in einer interpretierten, digitalen Form, aus denen sich diese Vorteile für Sie ergeben:

  • Rasche Auswertung und Ausgabe der Testergebnisse

  • Zeitersparnis in der Erstellung von neuen Prüfungen

  • Unkompliziertes Modifizieren von Prüfungen

  • Mühsames Entziffern handschriftlicher Antworten nicht mehr notwendig

  • Einsatz von automatischen Datenquellen wie digitale Prüfmittel

  • Detaillierte Analysen der Ergebnisse. Dadurch können Prüfungen oder auch einzelne Werte evaluiert werden.

  • Sofortiges Feedback während und nach der Prüfungsende möglich

  • Papiereinsparung / Ökologische Vorteile

 
Sie und Ihre Sublieferanten erhalten mit der material.one ein Tool, das Ihnen die Vergabe von Prüfaufträgen vereinfacht und beschleunigt.
Sie erhalten Ihre Prüfergebnisse und die Ihrer Sublieferanten auf material.one und können diese daher schneller auswerten und an den Kunden weiterreichen. Der Soll-Ist-Abgleich wird vereinfacht - Sie erhalten die Daten automatisiert.

Das digitale Management vereinfacht dadurch die Prozesse für OEM, Lieferant und Labor, durch Wegfall der manuellen Bearbeitung. Der Entfall der manuellen Prüfplanung ist ein großer zeitlicher Vorteil bei der Vorbereitung von Erstmusterprüfungen. Die Prüfanforderungen sind bereits bei Erhalt des digitalen Produktabbildes (Digitaler Zwilling) definiert. Die automatisierte Erstellung von Prüfplänen und die einfache Abstimmung mit dem Prüflabor erleichtern die Prüfvorbereitung. Zudem müssen die Prüfberichte nicht mit konsolidiert werden. Sie befinden sich bereits im Datensystem zum Bauteil. Ein weiterer Vorteil ist der Wegfall von Fehlerquellen durch manuelle Bearbeitung. Aufgrund dieser Vorteile beträgt die Zeitersparnis für Bemusterung und EMPB mindestens 25 % der Bearbeitungszeit.

Eine digitale Anforderung mit automatischer Vorbewertung der Prüfergebnisse


Über die Software-Plattform material.one
material.one ist der Name für eine neu entwickelte Plattform, die vom gleichnamigen Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit dem IT-Konzern adesso, zu dem material.one gehört, entwickelt wurde. adesso hat sich auf IT-gestützte Lösungen für die Fertigungsindustrie spezialisiert und bietet branchenorientierte Softwarelösungen an, z.B. für den Automobilsektor. In dieser VDA Projektgruppe kam material.one als Betreiber der Supplier Network Collaboration Plattform für verschiedene Kunden wie Mercedes eine entscheidende Bedeutung zu. 

 

Mehr über material.one

Mit material.one können alle Teilnehmer standardisiert und Compliance-konform nach dem "need to know" Prinzip zusammenarbeiten. Es handelt sich um eine Industry Cloud Platform, die sowohl Informationen über Material- und Werkstoffbemusterungen, Rezyklatanteile, Zertifikate als auch über den CO₂-Footprint bereitstellt.

Mehr über die Plattform erfahren

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Ziel Normendigitalisierung: material.one startet Zusammenarbeit mit DIN DKE